Das Libretto ist gut, aber die Oper findet nicht statt.
Germano Celant, arte povera
YOLY
teatro isola della corona, 2020
Ein Objekt gleich einem dreidimensionalen Plakat aus gewöhnlichem, alltäglichem Material, aus Holz, Gips, Kunststoff, Papier ...
Eine Fläche eingeteilt in Kästchen, gefüllt mit verschiedenen Inhalten, mit Masken, Kronen und Kränzen – mit Metaphern.
Das Corona Insel Theater, ein kreativer Ort voller Geschichten.
100 x 80 cm (130 x 80 x 70 cm)
Corona, so die volkstümliche Bezeichnung von COVID-19 verordnet den einzelnen Gesellschaften plötzlich Einhalt, eine abrupte Zäsur.
Corona - Synonym für die Krone, den Kranz, den Rosenkranz ... ein mehrdeutiger Begriff also.
COVID-19, vulgo Corona zwingt uns, eine Maske zu tragen ...
Doch auch das Wort Maske ist vieldeutig und wird auf verschiedenste Situationen angewandt – sich damit zu schützen ... um eines Verstorbenen zu gedenken ... um sich dahinter zu verbergen ...
Masken, Kronen und Kränze verschmelzen – die Krankheit tritt in den Hintergrund vor der Angst vor dem Morgen, die Schutzmaßnahmen teilen die Zeit neu ein, geben einen neuen Takt vor. Die Schockstarre angesichts des Unerwarteten und der daraus resultierende Stillstand werden zum Alltag.
Menschen bleiben in ihren Kästchen, hinter Masken verborgen, zurückgezogen und geschützt vor gefährdenden Begegnungen. Hinter der Maske warten auf die erhoffte Rückkehr des ehemals Gewohnten und hoffen auf die Krone des Sieges über Existenzverlust, Krankheit und Tod.
Gleich einer Inszenierung spielt das alles vor und hinter dem Vorhang, der Maske unseres Lebens ... das Theater hinter der Maske, das Spektakel um die Krone ...
YOLY
Copyright und Urheberrechte liegen ausschliesslich bei den jeweiligen Künstlern
Die Krone der Schöpfung erwies sich wieder einmal als winzig klein. Es fehlt nicht an großen, ja gigantischen Vorbildern, Cäsar, Richard III., Hamlet, aber die Lehrerinnen von Fami wollten nicht einmal einen Trump oder einen Erdogan zum Helden ihres selbstgestrickten Dramas wählen, obschon die beiden ausreichend wirksames Originalmaterial für eine Aufführung geboten hätten, das kaum mit dichterischen Erfindungen zu überbieten wäre. Nicht einmal die burlesken Geschichten von Berlusconi oder HC Strache, ich sage nur Ibiza, nahmen sie auf meinen Ratschlag hin an, sie wollten etwas wirklich Wichtiges und Zeitgemäßes zum Inhalt ihrer Schulschlussaufführung machen. Keine Ahnung, wie sie darauf kamen. Über das Wichtige und Zeitgemäße glaubt ohnedies jeder, etwas beitragen zu können, denke ich, dichterischer Ehrgeiz sollte eher danach streben, Übersehenes oder scheinbar Unwichtiges wichtig zu machen und die Schmarotzerei am zeitgemäß Wichtigen den Journalisten überlassen.
Wie dem auch sei, Fami kommt voll verdächtigem Tatendrang nach Hause, was erfahrungsgemäß bedeutet, dass er drängt und ich Taten zu erbringen habe. Jetzt sei die Entscheidung gefallen, das Thema stehe fest, man, er sagt da immer ‘man’, man müsse nur noch die Kostüme anfertigen. Zur elterlichen Sicherheit haben ihm seine Lehrerinnen eine Anleitung mitgegeben, auf einem A4 Zettel steht oben in Schulschrift mit sorgfältigster Ausführung aller Ober- und Unterlängen ‘Corona, ein Musical, gestaltet von der 4 B’. Darunter befindet sich eine Skizze des erwünschten Kostüms, graphisch gar nicht ungeschickt gemacht, Fineliner und Wasserfarben, an der Erkennbarkeit, was es darstellen soll, müsste allerdings noch ein wenig gearbeitet werden. Bevor ich zum Telefon greife, frage ich meinen Liebling: ‘Ihr habt das wirklich selbst gestaltet, ich meine, die Texte geschrieben, die Musik und das alles?’
‘Musik haben wir noch nicht’, berichtet Fami, ‘die macht der Paul. Und bei den Texten machen wir immer Vorschläge, und die Theresa schreibt dann was anderes hin.’ Theresa ist eine seiner beiden Lehrerinnen, aber von einem Paul hab ich noch nichts gehört.
‘Das ist der Freund von der Theresa, der spielt in einer Band’, sagt Fami und verzieht sich in sein Zimmer, was nicht unangenehm ist, denn vor ihm telefoniere ich nicht gern mit seiner etwas harschen Lehrerin. Wir haben uns zwar noch keine Schreiduelle geliefert, aber gar so weit entfernt waren wir auch wieder nicht davon, denn sie will nicht wahrhaben, dass Fami ein Legastheniker ist, einer von der harmlosen Sorte. Er liest hervorragend, aber beim Schreiben kommt es immer wieder zu Buchstabenstürzen auf die Art Buhctsabenstüzren, und manchmal, ganz selten schwindelt sich auch was Spiegelverkehrtes ein. Ich fühle mich zwar nicht persönlich getroffen, wenn sie wieder sagt, Legasthenie sei auch so ein Modebegriff, auch wenn ich von diesem Hirnübel selbst betroffen bin und mehr Aufmerksamkeitsenergie, als mir lieb ist, darauf wenden muss, dass etwa Buchstaben in der richtigen Reihenfolge daherkommen.
Diesmal läuft das Gespräch fast harmlos ab. Nachdem ich erfahren habe, dass das untere Bild das Kostüm und die oberen eine Auswahl der möglichen anzufertigenden Masken der Corona- Viren darstellen sollen, und nachdem ich einen sanften Einwand gegen das Thema vorgebracht habe, nein, nicht einmal Einwand, ein Nachfragen über die Absicht bei dem Thema mir erlaubt habe, kommt schon barsch, dass Fami ja nicht unbedingt mitspielen muss, sie habe ihn zwar in einer guten schönen Rolle vorgesehen, er könne sich aber auch am Kulissenmalen beteiligen. Die Lehrerin Theresa weiß genau, wie sehr es Fami hasst, mit Farben herumzupatzen.
Das übliche Dilemma einer Mutter. Ich werde Fami, der sich auf das Theaterspielen freut, die Sache nicht versauen und ihm so ein schreckliches Kostüm nähen, ein textiles Stück, das ihn kugelrund aussehen lassen wird, und werde ihn nicht davor schützen können, dass sein Auftritt
Lacher hervorrufen wird. Hoffentlich machen sie eine Komödie und nicht ein Drama. Nur die Maskenvorschläge, das muss ich zugeben, die Vollmaskenbilder sind, wenn man genauer hinschaut, ausdrucksstark und abwechslungsreich. Also werde ich mich eher darauf konzentrieren. Eine langgezogene schreckensbleiche Maske mit kleinem Mund entspricht am ehesten meinem Sohn, die müsste ich mit den entsprechenden Materialien auch gut hinkriegen. Arbeit, Arbeit, als ob man nichts anderes zu tun hätte. Aber was macht man nicht alles gern für die Kinder. Und bei jedem Nadelstich, bei jeder Maskenformung der Gedanke, wie glücklich Fami sein wird mit der guten Rolle, wie stolz er sein wird über seinen Auftritt. Während ich nähe, phantasiere ich zumindest einen Fünfakter mit schlauen Dialogen, das Virus Fami, alias Corona, besiegt den Forscher beinahe und muss erst zuletzt klein beigeben. In meiner letzten Fassung ist auch eine Liebesgeschichte dabei, ohne Liebesgeschichte geht es nicht, das Virus verliebt sich in den Forscher. Ob das für eine vierte Volksschulklasse passt, möchte ich mich nicht verbürgen. Singen kann Fami, es soll ja ein Musical sein, und dann denke ich, eine Forscherin wäre besser, und dazu Fami mit ‘Maria, Maria, Maria’ aus der Westsidestory, die Forscherin ist hingerissen, es kann nur gut gehen.
Aber es kommt wie es kommen muss. Nachdem Fami, wie es seine Art ist, nichts über die Probenfortschritte erzählt hat und völlig gelassen wirkt, ich aber in den letzten Tagen immer aufgeregter und aufgeregter geworden bin, sitzen Fred und ich nach einem kleinen Streit in der zweiten Reihe und bemühen uns, niemanden unsere Zwistigkeit auch nur ahnen zu lassen. Es ist weder die Oper, noch ist das Fernsehen da, noch ist Fami der Star des Abends, hat mein Mann gewarnt, es ist ein Kindermusical, erwarte dir nicht zu viel. Als wollte er einem die Freude verderben. Dann geht der Vorhang auf, Theresa als Arzt verkleidet singt mit mäßiger Stimme ein schwungvolles Liedlein von den medizinischen Gefahren dieser Welt, in dem sich ‘Grippe’ auf ‘nimmt der Tod auf die Schippe’ reimt oder ‘Gräser rupfen’ unmittelbar auf ‘Heuschnupfen’ weil es da um Allergie geht. Und dann stolpert als kugelrunde Viren verkleidet die gesamte Klasse auf die Bühne, ein Ah und Oh geht durch den Zuschauerraum, jedes Elternpaar erkennt sein Kind an der Maske, keines fehlt. In der dritten Reihe steht Fami, weil er etwas größer ist als der Durchschnitt. Da kann man ihn nicht vorne hinstellen, das verzeihe ich Theresa. Beim Musikeinsatz singen die Viren ihre Strophen, manche in Gruppen, manche allein, es zieht sich etwas, nur der Refrain ist erfrischend. Und dann kommt Fami, er geht nach vorn, ganz allein, und aus seiner Maske ertönt ein unverständliches Mhmmm Ummpf Iiir Suuumpf und derartiges. Und da begreife ich, dass ich den Maskenmund zu klein gemacht habe, aus diesem Winzmund kann kein verstehbares Wort kommen. Ich weiß, dass ich puterrot anlaufe, das unverschämte Lachen ringsum, kaum unterdrückt, mir scheint, dass alle auf mich schauen. Klar spüre ich, wie sich meine Finger in den Arm von Fred verkrallt haben, ich merke erst jetzt, wie er mir beruhigend die Finger tätschelt. Mhmmm Ummpf Iiir Suuumpf, was für eine Schande, die Tränen laufen mir übers Gesicht und Fred fragt, was hast du, was hast du denn, es ist alles in Ordnung, schlaf weiter, Liebes, aber lass meinen Arm los, das tut weh.
Bei der Aufführung bin ich überrascht, wie gut die Klasse Text und Lieder hingekriegt hat, Fami ist großartig, vielleicht der Beste von allen, das Gefühl jedenfalls gönne ich mir, Zweifel daran kann ich später auch noch haben. Ich hab den Mund seiner Maske freilich etwas vergrößert, man hat ihn sicher bis in die letzte Reihe verstanden. Nach der Aufführung gratulieren die Eltern einander zu ihren Sprösslingen, das gehört sich so, die sind die Krone der jeweils eigenen Schöpfung an dem Tag, auch wenn sie nur ein winziges Virus dargestellt haben.
„Dreamolett“ über den Umsturz der Normalität
INHALTSANGABE
In einer Stadt, von der man einen winzigen Park und ein (offenes) Hauseck sieht, haben sich die Menschen mehr und mehr voneinander abgekapselt und beschäftigen sich nicht miteinander, sondern reden vornehmlich mit ihren Hunden. Ein “Neuer” kommt in die Stadt und sucht freundlich im Park Kontakt zu der alten Frau Heinisch. Ihn wundert, dass die Tiere hier „vermenschlicht“ werden und so eine Wertigkeit haben. Denn wo er her ist, am Land, da sind Tiere eben Tiere, man lässt sie gut leben, aber redet nicht “menschlich” mit ihnen. Frau Heinisch ignoriert seine unbefangene Kontaktnahme feindselig und zieht mit ihrem Hund Pinki ab.
Im (offenen) Haus geht abends Herr Gruber zu Bett. Seine Frau hat ihn verlassen, und damit er nicht ganz allein ist, darf sein Hund Rex zu ihm herein ins Schlafzimmer.
Dem„Neuen“, Herrn Bertl, gelingt es nicht, Anschluss zu finden, also sieht man mangels anderer Kontakte bald auch ihn im Park mit einem jungen Hund, damit er etwas zum Liebhaben hat. Der junge Hund, Anka, ist aber schon sehr eigenwillig und setzt seinen Willen durch. Auch die anderen Hunde reagieren nun sehr selbstbewusst, sie haben gemerkt, dass sie praktisch machen können, was sie wollen, dass sie immer „das letzte Wort“ haben. Sie gehen inzwischen viel aufrechter als früher und ziehen die Menschen oft hinter sich her.
Im Haus findet Herr Gruber abends seinen Hund Rex bereits im Bett vor. Gutmütig toleriert er das, Platz ist ja da, und er legt sich halt auf die freie Bettseite.
Einige Zeit später sieht man im Park die Menschen angeleint an die aufrecht gehenden Hunde gehen. Die Hunde halten gegenseitig Kontakt und unterhalten sich über die Menschen miteinander, während diese einander feindselig aus dem Weg gehen (außer sie wollen sich gerade paaren). Die gesellschaftlichen Verwerfungen sind so weit gediehen, dass die Hunde die Menschen unterjocht haben. Sie halten sich jetzt die Menschen zu Hause und philosophieren über diese ihnen oftmals unverständlichen Wesen.
Im Haus findet Rex Herrn Gruber im Bett vor, schlafend. Er reißt ihn heraus und verbannt ihn auf den Bettvorleger.
Nachts im kleinen Park die letzten Hunde-Spaziergänger mit ihren angeleinten Menschen. Über diese wird bereits bis in den Tod hinein von denen bestimmt, die das letzte Wort haben, in diesem Fall von den Hunden - also die Alten lässt man “zu ihrem eigenen Wohl” einschläfern, und die Jungen kann man ja immer noch ertränken, wenn es zu viele sind.
BESETZUNGSLISTE
Menschen und “Hunde”:
Alte Frau Heinisch + Hund Pinki
Militanter Herr Marinovics + Hund Rolf
Junger Herr Bertl (“Neuankömmling”) + Hund Anka Herr Gruber + Hund Rex
Junge Frau Mayer + Hund Cindy
Die Hunde werden von Schauspielern mit Hundemaske und Schweif gespielt. (Köpfe und Schweife je nach Rasse verschieden).
(Nicht alle sind gleichzeitig auf der Bühne, man könnte je 2 Rollen mit 1 Spieler besetzen).
BÜHNENBILD
Bühne simuliert eine Stadt, davon im Vordergrund ein kleiner Park mit Laternen, rechts ein Hauseck, in dem sich bei Bedarf der Blick in ein Schlafzimmer öffnet.
TEXT
I.
Die „Hunde“ mit ihren Masken gehen auf allen Vieren, stellen sich „klein“ Sie tragen ein
Hundehalsband, sind fallweise an der Leine. Während die Menschen einander immer aus dem
Weg gehen, versuchen die Hunde immer mit einander in Kontakt zu treten.
II.
Abend. Im Licht von Straßenlaternen sieht man hin und wieder Hundebesitzer ihre Lieblinge
ausführen, hochnehmen, tätscheln, beplaudern. Von Mensch zu Mensch kein Kontakt.
Das Hauseck ist nun aufgerissen, man sieht ein Doppelbett. Die eine Seite mit gefaltetem,
unbenützten Bettzeug. Die andere Seite benützt und flüchtig „gemacht“. Eine Tür bzw.
Öffnung führt von der Bühne in weitere Zimmer.
III.
Tag. Das Hauseck ist verschlossen bzw. das Schlafzimmer leer. Im Park und rund ums Haus
immer wieder Menschen mit ihren Hunden sichtbar. Die Hunde nun nicht mehr klein auf
allen Vieren, sondern „gewachsen“, z.B. aufrecht in der Hocke, mit angewinkelten
Vorderpfoten. Sie wirken auch selbstbewusster.
IV.
Abend / Nacht wie vorher. Das Schlafzimmer ist dunkel, in der Türöffnung Licht sichtbar.
V.
Tag. Das Hauseck ist verschlossen bzw. das Schlafzimmer leer. Rund ums Haus und im Park
immer wieder Menschen und Hunde sichtbar. Die Hunde nun groß, also völlig aufrecht
gehend und selbstbewusst. Sie führen nun ihre ehemaligen Herren und Frauen an der Leine.
Die Menschen gehen zwar nach wie vor aufrecht, doch ihre Haltung ist gehorsam, abhängig,
willig zu gehorchen, geduckt. Sie wirken klein. Wie auch zuvor, gehen Hunde immer auf
einander zu, Menschen nicht.
VI.
Abend. Im Park sieht man noch hin und wieder einen Hund seinen Menschen ausführen.
Einblick ins Haus: das Schlafzimmer ist dunkel, Mann schläft im Bett, in der Türöffnung Licht
sichtbar.
VII.
Nachts. Das Haus ist finster. In dem von Laternen beleuchteten Park pischt Hund Cindy vor
eine davon. Frau Mayerin (= an der Leine!) ist sichtbar schwanger. Hund Pinki führt ihre alte
Frau Heinisch auch noch an die Luft. Während sich die beiden Menschen so weit auseinander
wie bei ihren Leinen möglich niedersetzen, reden die Hunde miteinander.
TABELAU
Sie haben kleinste Ausmaße oder unmäßige Proportionen, das falsche Aussehen, auffällige Male an unverhüllbaren Stellen, hohle Wangen, hohe Stirnen, lange Hälse, große Nasen, abstehende Ohren, herausquellende Augen, das alles macht aus ihnen nicht, was sie sind. Man erkennt sie an ihrer Durchlässigkeit. Schlägt man nach ihnen, trifft man sie nicht. Hiebe gehen durch sie durch. Beleidigungen gehen ihnen zum einen Ohr hinein und zum anderen wieder hinaus. Fixiert man sie mit durchbohrenden Blicken, ist das der einzige Erfolg, den man bei ihnen haben kann, man hat sie mit seinen Blicken durchbohrt, was aber wiederum kein Kunststück ist, weil sie durchlässig sind. Durchlässig, aber nicht durchsichtig, so dass man sie mit Blicken durchbohren, aber nicht durch sie durchsehen kann. Schreit man sie an, hört man sein Schreien weit hinter ihnen verebben.
Sie stemmen selbst die größten Lasten. Man kann nicht sehen, unter welchen Lasten sie gebückt gehen, unter keinen, die man festhalten muss, nur den ertragenen. Selbst denen, die für andere die unerträglichsten sind. Lasten, die niemandem im Weg stehen, die mit ihnen kommen und wieder verschwinden. Sie halten sich und an ihnen fest, sie sind ihr einziger Besitz, ihr ganzer Reichtum, den niemand sieht, den niemand haben will, der sie dem Spott preisgibt, wenn man sieht, wie sie sich verrenken, wenn sie sie ihn mit sich mitführen und wieder davontragen.
Sie weichen nicht aus, sie können nicht getroffen werden. Sie haben nicht die geringste Schlagkraft, sie brauchen keine. Sie sind unverletzbar. Und genauso können sie niemandem etwas tun. Packt man sie am Arm, drückt man nur seine eigene Faust zusammen. Egal, was man unternimmt, man bekommt sie nicht in den Griff. Man kommt ihnen nicht bei, weder mit roher Körperkraft, noch mit Waffen. Man kann nur klein beigeben. Nicht aus Überzeugung, vor Erschöpfung.
Man kann von Glück reden, dass ihr Handeln, würden sie sich einmal vergessen, genauso keine Wirkung hat und keine Spuren hinterlassen kann. Sie könnten natürlich trotzdem einmal außer sich geraten und man würde wahrscheinlich sehr erschrecken, würden sie es, vielleicht stolpern und sich dabei möglicherweise ernsthaft verletzen. Grund genug hätten sie ja.
Der Flötist Michael Posch improvisiert auf einer seiner Flöten im «teatro isola della corona» zu COVID-19.
Prolog: das Publikum vermeint das Spielgeschehen in gewohnter Weise und wie im Programm vorgesehen zu kennen.
1. Aufzug: das Virus betritt die Weltbühne - Corona sein Name - kein Herrscher will es gekrönt haben - kein Volk jubelt oder huldigt ihm
2. Aufzug: das laute Wehklagen - der große Stillstand - Mensch besinne dich, woher du kommst, wohin du gehst
3. Aufzug: an vielen Orten fallen hinter den vorgehaltenen Masken alle Masken - in der Not ist wer wem der Nächste?
4. Aufzug: 3 Akteure betreten die Bühne - der Gehorsam, die Klugheit, der Widerstand - alle drei wollen sie Regie führen in dieser Posse und benutzen wechselseitig ihre Masken
5. Aufzug: kommt das Finale bereits vor dem Schlussakt? Kann der Ball ins Spielfeld rollen bevor der Rasen neu verlegt ist? Kann das Finale virtuell bereits in der Pause eingespielt werden?
Epilog: das große Rätselraten: wer ist Bühne, wer Publikum? War das bereits der letzte Akt? Hinter der Maske geschehen Dinge, die vor der Maske undenkbar sind!
Concertino Quarantino #3: Ignaz J. Pleyel: Rondo Favorit in Es-Dur
Der Pianist Richard Fuller spielte in der Zeit des COVID-19 Lockdowns in seinem Home-Studio.
unangreifbar
corona, komm
krone, krönung
neuschöpfung
große portion
immun
wirkt schon.
frühling 2020
huste nicht in kelche
niese nicht auf blüten
es könnte wer an ihnen riechen.
ohne geringsten verdacht
haben wir alles schon gehabt
mit mildem verlauf
wir haben gar nichts gemerkt
und es wie immer gemacht.
rangehen
zwei meter abstand
wir bleiben auf distanz
wir tauschen zärtlichkeiten aus
angenäherter
bis auf einen meter.
die welt draußen
heute drei außenkontakte
jeder ein bringer
der zeitungsbringer
der gemüsekistenbringer
der packerlbringer
leider nicht immer.
alle fragen sich, wie es dazu kommen konnte: so
wenn jemand klopapier kauft
könnte es sein, es geht aus
wenn jemand mehr klopapier kauft
könnte es sein, es geht schneller aus
wenn jemand mehr klopapier kauft als er braucht
könnte es sein, es geht gleich aus
wenn jemand mehr klopapier braucht als er kauft
könnte es sein, es gibt nicht genug
wenn jemand woanders das klopapier sucht das er braucht
könnte es sein, dort auch.
sicher, aber richtig
bis zur maskenpflicht
war ich nicht kurzatmig
das kleine virus
das wirklich kleine virus
das wirklich sehr sehr sehr sehr sehr kleine virus
die maske nicht durchlässig
ab der siebenten schicht.
und mit all denen und all dem haben sie in zukunft nichts mehr zu tun
halten sie abstand
wahren sie abstand
nehmen sie abstand
von menschen
von plänen
bestehen sie auf abstand
und distanzierungen.
am festgemauerten entlang
dem größten einer meinung
im ganz leicht zu erkennen geben wo
eins im zwölferlauf
kampfgrill im anschlag
gemischt zu laut ein läuten
herausgekommen und dazu
nicht länger abermals erwarten
gefiltert halten sachen
hinein in die von gesichtsabdruckereliefs
ausgekratzten masken
länder, berge, seen haben
meere, himmel, türen offen
stehen lassen
tief und fest
nicht wieder zuzumachen.
die welle kommt, die welle geht
wir haben grenzen gezogen
um österreich machen viren einen bogen
kommen sie von oben
lassen wir alles verglasen
bis auf die zwei löcher
die wir den deutschen und schweizer enklaven
für luftbrücken offenlassen.
Nach einer langen coronabedingten Zwangspause ging der Wiener Streitclub am 22.09.2020 in seine achte Runde. Der Streitclub versteht sich als demokratieförderndes Projekt, das eine niveauvolle und wertschätzende Debattenkultur pflegen will, in der kontroversielle Standpunkte im Sinne eines konstruktiven Disputes ausgetauscht werden.
CORONA – STERBEHILFE FÜR KULTUR
Der Lockdown bedeutete für die meisten Kulturschaffenden und kulturellen Einrichtungen eine Katastrophe – keine Veranstaltungen, kein Publikum, keine Einnahmen. Corona ist nicht nur ein Angriff auf unsere Gesundheit, es ist ein Angriff auf unser soziales und kulturelles Leben. Die Frage, ob Kultur einen Eigenwert hat oder primär unter dem Gesichtspunkt der ökonomischen Umwegrentabilität bewertet werden soll spitzte sich dabei im Gefolge der Coronakrise zu.
Bei diesem Streitclub ging es um die Probleme, die durch die Coronakrise für die Kulturschaffenden entstanden sind und darum, ob der Staat in dieser Situation genügend Unterstützung leistet. Das mündet schlussendlich in die Frage, was der Gesellschaft Kunst und Kultur wert sind und ob Kultur überhaupt eine Staatsaufgabe ist.
Input von:
Gerhard Ruiss, Autor und Schriftsteller, Geschäftsführer IG Autorinnen Autoren Diskussion mit:
Eva Blimlinger, Grüne Kultursprecherin im Nationalrat
Manfred Matzka, Aufsichtsratsvorsitzender der Bundestheater-Holding
Berthild Zierl, Präsidentin der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs
Ernst Kurt Weigel, Schauspieler, Regisseur, Autor und Intendant des Off-Theater Wien
Moderation:
Katrin Fallmann, Trainerin für Debattierklubs an Universitäten und Schulen.
Gerhard Ruiss
Rede an die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Wiener Streitclubs über "Corona – Sterbehilfe für Kultur" am 22.9.2020:
Was das Schließen betrifft
Wie das Zugesperrt werden geht, wissen wir: Ohne Vorwarnung und Beachtung von "juristischen Spitzfindigkeiten" wie Grundrechten. Wie das wieder Aufsperren können geht, wissen wir auch: Mit großen Schwierigkeiten. Wie das neue Schließen aussehen wird, werden wir eher bereits in den nächsten Wochen als in den kommenden Monaten erfahren.
Die vorläufige Bilanz der Corona-Pandemie in Österreich sieht für die meisten Kunst- und Kultureinrichtungen so aus: Sechs Monate kein Bühnenbetrieb, davon vier Monate Komplettstillstand mit zwei Probemonaten oder sechs Monate keine Veranstaltungstätigkeit, davon vier Monate Komplettstillstand mit zwei, drei Testveranstaltungen, wie ein Spielbetrieb bei stark eingeschränktem Zugang zu Veranstaltungen ab September aussehen kann.
Die Sommersaison ist gerettet, die neue Normalität kann wiedereinsetzen. In Freitag-Pressekonferenzen – damit das Wochenende dazu genutzt werden kann, sich darauf vorzubereiten – verlautbart die Regierung, welche Maßnahmen gegen die Weiterausbreitung der Corona-Pandemie in Österreich jeweils ab Montag um 00:00 Uhr in Kraft treten.
Bei Schließungen funktioniert diese Form des Austauschs mit den Betroffenen perfekt: Es ist und bleibt zu, rechtlich und zur Wiedereröffnung funktioniert sie überhaupt nicht. Auch kleinste Einrichtungen haben vertragliche Verpflichtungen und Vorlaufzeiten und sollten wenigsten ein paar Wochen im Vorhinein wissen, welchen Handlungsspielraum sie haben. Das alles hat selbstverständlich auch Folgen für die Künstlerinnen und Künstler, die ihre Einnahmenquellen verlieren, wie für die 80 Prozent der Kunst- und Kulturbetriebe, die überhaupt keine Kunst- und Kulturförderungen der öffentlichen Hand erhalten und die nicht damit rechnen können, dass sie ihre nicht verbrauchten Subventionen behalten und für Umbauten und die Wiederinbetriebnahme verwenden dürfen.
Wenn sich bewiesen hat, wie das einmal durch den österreichischen Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zum Ausdruck gebracht wurde, dass Österreich eine "Weltkulturnation" sein soll, dann in den letzten Monaten: Festspiele, die nicht spielen dürfen, bringen niemanden ins Land, Orchester und Chöre, die nicht reisen dürfen, sind keine Exportschlager. Sie alle verbrauchen und verschlingen jetzt das Geld, das sie nicht mehr verdienen. Um sich das leisten zu können, sind ihre Reserven zu gering und ist Österreich zu klein. Man kann sich, wenn es nur um den Nationalstolz geht, zwar auch darauf verlassen wollen, dass Dominic Thiem viel Geld mit Tennisturniersiegen verdient, aber weder sind seine Siege garantiert noch ökonomisch besonders breitenwirksam. Der Prestigeerfolg und die wirtschaftlichen Effekte in und auf Österreich von Spitzenorchestern und Spitzenchören hingegen lassen sich leicht errechnen.
Es gibt derzeit mehrere Denkansätze, wie man der Situation beikommt. Einer lautet, man muss die Hochkultur unterstützen, damit sie nicht noch mehr Geld braucht, das sie allen andern wegnimmt, eine zweite lautet, man kann den Künstlerinnen und Künstlern nicht mehr geben, als sie verdienen würden und muss daher ihre Bezugsleistungen aus den ihnen gewidmeten Unterstützungsfonds begrenzen, es geht hier um Zuschüsse von maximal 3000 bis 6000 Euro für das gesamte Jahr. Ein wieder anderer lautet, vom Direktor der Albertina Klaus Albrecht Schröder vertreten, man muss jetzt die Museen unterstützen und auf die Theater verzichten. All diese Ansätze kommen nicht weit. Sie haben aber eines gemeinsam, wenn die Theater spielen wollen, wenn die Museen offen haben wollen, wenn die Konzert- und Literaturhäuser Programm machen wollen, müssen sie dazu bereit sein, Verluste zu erwirtschaften, obwohl sie wieder aufmachen und veranstalten und spielen können. Aber, mit einem erheblich größeren und kostenintensiven Sicherheitsaufwand und mit weniger Einspielmöglichkeiten, Verlust von Werbeeinnahmen und Sponsorengeldern, und vor allem, abgeschnitten vom internationalen Publikum und internationalen Kooperationen.
Für geförderte wie nicht-geförderte Einrichtungen geben der Staat, die Länder oder Gemeinden den Handlungsrahmen vor, für geförderte Einrichtungen sind sie zudem Geschäftspartner. Man kommt mit einem Geschäftssitz innerhalb des Landes dem Staat, dem Land und der Gemeinde nicht aus und umgekehrt der Staat, das Land und die Gemeinde nicht ohne die Einrichtungen in ihrem Wirkungsbereich. Die Frage, warum ein Staat, ein Land oder eine Kommune überhaupt etwas für Kunst und Kultur tun soll, ist müßig, sie alle tun als Gesetzgeber und öffentliche Verwaltungen automatisch etwas für sie, die Frage ist lediglich, zu wessen Vorteil oder Nachteil, zum eigenen, zum anderen oder zum Vor- oder Nachteil von beiden, indem der eine vom anderen etwas oder eben nichts vom anderen hat.
Es wird in diesem Herbst und Winter keine Bälle geben und keine anderen Feste, bei denen Künstlerinnen und Künstler ihr Geld als U-Musikerin oder U-Musiker am Markt verdienen können, um ihre Existenz als E-Musikerin oder E-Musiker zu bestreiten. Was bleibt, sind unterfinanzierte und unterbezahlte einzelne Auftrittsmöglichkeiten. Virtuosität hilft nicht im Geringsten, schon bei einer geringen Gruppengröße bleibt für Proben und einen solchen Auftritt an einem mittleren Konzertort für jede und jeden nur noch irgendein Minimalbetrag über.
Streaming, die monatelange Hoffnung auf wenigstens eine virtuelle kulturelle Öffentlichkeit, Videokonferenzen als Ersatzversammlungsmöglichkeit, haben mittlerweile bei den meisten eher zu Frustrationen geführt als ihre anfängliche Faszination behalten. Sie kosten Geld, das nicht da ist, spielen nichts ein und werden vom Publikum nicht angenommen. Die einen gewinnen Kunst- und Kulturangeboten im Netz generell nichts ab und die anderen sind an Besuchen und nicht an Angeboten im Netz interessiert, sie wollen das Original sehen und keine Dokumentation davon, ob live oder aus dem Archiv. Und Videokonferenzen werden inzwischen von vielen als wesentlich aufwendigere und ineffizientere Austauschmöglichkeit als Beschlüsse in Umlaufverfahren empfunden.
Vielfach unterschätze Auswirkungen haben die Eingriffe durch Covid-Schutzmaßnahmen in Grund- und Freiheitsrechte auch auf den Kunst- und Kulturbereich. Es darf vor allem nicht zur neuen Normalität werden, dass Verbote das Übliche, und das Erlaubte und das Zugelassene als das Außergewöhnliche angesehen werden. Es reicht schon, wenn Aufführungen unter den Bedingungen der physischen und/oder räumlichen Distanzierung gespielt werden müssen, es muss nicht noch zudem dem Publikum verboten sein, sie im Theater zu sehen.
Seit es die Corona-Pandemie gibt, haben nicht nur Virologinnen und Virologen ausgiebig Raum und Möglichkeiten sie zu interpretieren, auch Politikberatungsunternehmen, Werbeagenturen und Werbeabteilungen haben alle Hände voll damit zu tun, ihren jeweils eigenen Umgang für sich und andere mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu finden. Davon ist die Kulturwirtschaft nicht ausgenommen. So wurde beispielsweise die Mitte Oktober stattfindende Frankfurter Buchmesse angeblich nicht abgesagt, sondern schon vor dem Sommer als überwiegend digitale Messe angekündigt und nach dem Sommer als Messe ohne Aussteller, was letztlich heißt, es wird an Ort und Stelle kein Buch zu sehen sein und das immerhin bei der weltweit größten Buchmesse mit normalerweise rund einer halben Million ausgestellter Neuerscheinungen und rund 300.000 zahlenden Besucherinnen und Besuchern. Nach der bereits kurzfristig abgesagten Leiziger Buchmesse findet damit die zweite große deutschsprachige Buchmesse des heurigen Jahres nicht statt und, sollte auch noch die für November dieses Jahres geplante Buch Wien abgesagt werden, würde es, inklusive der Verschiebung der Leipziger Buchmesse 2021 von Mitte März auf Ende Mai eineindreiviertel Jahre lang keine Verkaufsausstellung von Büchern im und für den deutschen Sprachraum geben. Sollte die Buch Wien stattfinden, dann nur etwas mehr als ein Jahr nicht.
Was das Schließen angeht, war die österreichische Bundesregierung zu Beginn der Pandemie maximal effizient, sie hat Österreich vor allem davor bewahrt, als Land der Ansteckungsgefahr zu gelten. Jetzt wird gerade wieder neu aufgeteilt, wer wen zum Risikogebiet erklärt und wer wen voreinander warnt, und beginnt die Suche nach den Schuldigen wieder von Neuem, die Regierung als Schuldige nicht ausgeschlossen. Das ist politisch gefährlicher Unfug und daraus könnten und sollten wir lernen, wohin Sündenbockpolitik führt und dass weder die Unterstützung Hilfsbedürftiger den Schutznotwendigkeiten geopfert werden darf, noch die Freiheit der Sicherheit.
Was das Wiedereröffnen und das Offenhalten betrifft, sollte die österreichische Regierung aus den Fehlern des ersten Halbjahres gelernt haben und zuvorderst aus denen, dass Kulturpolitik ermöglichen heißt und nicht verhindern, zu unterstützen und nicht jemanden auszusetzen, zu kommunizieren und nicht zu verfügen, weiterzuentwickeln und nicht weiterzuverwalten und alles in allem, dass sie eine erstzunehmende eigenständige politische Aufgabe ist, der die maximal mögliche Aufmerksamkeit bei Regierungsbeschlüssen zukommen muss.
Was das unkoordinierte Vorgehen angeht, machen wir soeben wieder eine uns schon länger vertraute Erfahrung. Vor einer Woche wurde überfallsartig eine Zutrittsgrenze für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen von 50 Personen ohne fixe Sitzplätze beschlossen, nunmehr, eine Woche später, gilt das bereits für 10 Personen. Bei einer solchen Rasanz von irgendwem mit irgendwem beratenen und beschlossenen Verfügungen, die nicht einmal eine Woche halten, ist es am besten, man sagt gleich alles ab und plant nichts Neues.
Wissen sollten wir aber, das kulturelle Geschehen, das aus dem realen Leben verschwindet, taucht in der digitalen Öffentlichkeit nicht wieder auf, es ist einfach weg und bleibt es. Ich werde also, so, wie viele andere von uns derzeit auch, wieder einen nächsten Aufruf verfassen, eine nächste Petition starten und einen nächsten Protest deponieren, so lange, bis selbst die fachblindesten Ministerinnen und Minister verstehen, dass ihre Entscheidungen auch noch andere Auswirkungen haben, als die, die sie für ihren eigenen Wirkungsbereich vorsehen, insbesondere, wenn es um eine Entwicklung geht, die jede und jeden von uns und sämtliche Lebensbereiche betrifft.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
_____________
* Bundeskanzler Sebastian Kurz in der ZIB 2 am 6.4.2020
Die Arbeitsabläufe
Die ersten Arbeiten zum Thema entstanden im Februar 2020, sie waren alle in den Farben rot, weiß und blau gehalten,- auf schwarzem Hintergrund.
Im Verlauf des Frühlings veränderten sich die Betrachtungen des Wesentlichen, sie wurden erdiger, braun, - oder grau und undurchschaubarer,- aber auch gelb, - als ein neuer Aspekt im Raum.
Im Sommer 2020 kamen die beiden vorerst letzten Bilder zur Serie. Die Bewegungen der Elemente haben sich verändert, sie tauchen auch aus anderen Richtungen auf, - sie tragen neue Farben.
Technik / Material: Mischtechnik/Leinwand
4 Leinwände je 30x30 cm…..quadratisch
alle Arbeiten in gleicher Thematik
Hahnrei Wolf Käfer betreibt einen Blog (hwkaefer.jimdo.com)
in dem täglich ein neues Kyoka veröffentlicht wird. Das Motto:
Ab heute Lürik!
Nicht zu klug, nicht zu schwürig.
Käfer kommentiert
jeweils die Alltäglichkeit
hier als eine Säglichkeit.
Auch bei der Corona-Pandemie beziehen sich die meisten
Gedichte auf Zeitungsmeldungen.
16.3.20
Wozu der teure Test,
wenn sich Corona auch so
feststellen lässt? Ich
rate manchen Gestalten:
Zehn Tag’ die Luft anhalten.
21.3.20
Was stellt man denn fest
mit dem Antikörpertest?
Wer den bestanden
hat, wenn mich nicht alles beißt,
besteht nun nur noch aus Geist.
25.3.20
Warum die Wiener
jetzt zu Haufen mit einem
Beißkorb rumlaufen?
Die waren, sag ich schmissig,
doch immer schon recht bissig.
5.4.20
Die käm wohl zu spät
die Herdenimmunität.
Selbst täglich tausend
Infektionen würden sich
erst in zehn Jahren lohnen
12.4.20
Verlangt wer von mir
die Maske vorm Gesicht, sag
ich, ich beiß ja nicht
und ich will doch nur spielen:
Mit euren Angstgefühlen.
26.4.20
Doktor Trump erklärt,
wer Desinfektionsmittel
injiziert, wird, was
man spürt, bis aufs Skelett
virenfrei desinfiziert.
2.6.20
Hartnäckig hält sich
der Virus und gefällt sich
in männlicher Form
enorm. Ins Sächliche wird
von dem kaum zurückmutiert.
31.8.20
‘Corona-Gegner’
nennt ‘Heute’ die Maßnahmen-
Ablehner, obwohl
sie kaum Leute verorten,
die Covid befürworten.
20.9.20
Zur Begrüßung Faust
auf Faust, ein Ellbogencheck,
dass du nur so schaust,
das haut dich um, der Schrecken
sollte Abstand bezwecken.
27.9.20
Covid-Test: ‘Gurgeln,
vierundzwanzig Stunden’ Im
Standard gefunden,
wo das Nützlichste stets steht.
Klingt das nicht sehr nach Diät?
Pastellfarben auf schwarzem Aquarellpapier
Faden gestickt auf schwarzem Aquarellpapier
nach dem "Dictionary of Color Combinations by Sanzo Wada"
"Manipulation der Autonomie", 2014
Acryl, Öl auf Leinwand, 175 x 147 cm
Meine Arbeiten stellen jeweils einen Gesichtspunkt des gesellschaftlichen Lebens in den Mittelpunkt, vergleichbar mit dem Ansinnen Ludwig Wittgensteins, das Wort, die Sprache im Bezug auf das Sein, die Wirklichkeit zu reflektieren.
Die Coronazeit lässt den Inhalt einiger meiner Vorcoronawerke noch intensiver werden.
Diese Zeit des „Aufsichzurückgeworfenseins“, der plötzlichen Stille, der aufgezwungenen Zäsur, seine Arbeiten nicht mehr frei präsentieren zu dürfen und der damit verbundenen Existenzangst, zwingt die Künstler, die Gesellschaft zum kurzfristigen Stillstand.
Meine Ausstellungen sind abgesagt ... trotz langer, intensiver und kostspieliger Vorbereitungen.
Der Sprung in die virtuelle Welt und deren Möglichkeiten, mich auszudrücken und bemerkbar zu machen, ist zu nutzen.
Einer meiner Wege, Gefühle und Überlegungen festzuhalten, basiert auf dem Kopfkino ... dieses Kopfkino skizzieren und aufschreiben – diese Skizzen über Fotomontagen für eine spätere Umsetzung vorbereiten – oder auch solche Kopfkino-Bilder in der Natur umsetzen und fotografieren ... Das Resultat, dem Interessierten mein Lockdownkopfkino zu zeigen, ist dieser Katalog.
In dieser Zeit des physischen social distancing bietet sich die Chance, auf andere Weise in die Kunst einzutauchen. Künstler und Museen können virtuell besucht werden und so kann sich die Freude darauf zu steigern, danach wieder Kunst mit allen Sinnen zu erfahren.